Nachdem er 2012 an der Oper Frankfurt Adriana Lecouvreur inszenierte, setzte sich Vincent Boussard nun mit Glucks Ezio auseinander, einem Drama per musica, das 1750 in Prag uraufgeführt wurde. "Das Wort wird zum Treffpunkt und zur Waffe", so beschreibt Vincent Boussard in seinem Einführungstext das Libretto von Metastasio. Vincent Boussards Inszenierung wurde zu einer packenden, einfallsreichen Arbeit, wo (wie immer bei Boussard) die SängerInnen im Mittelpunkt des Konzeptes stehen und Musik und Text stets mit Hingabe unterstützt werden. Die Premiere am 10. November 2013 inspirierte auch die Kritik, die sehr ausgiebig über die Produktion berichtete. Hier eine Zusammenfassung.
Darmstädter-Echo beschreibt das moderne und schlichte Bühnenbild (15.11.13): "In der Frankfurter Oper passt die gemäßigt moderne Inszenierung von Vincent Boussard gut zu diesem kompositorisch nicht eben überraschenden Werk. Der Regisseur und sein Team setzen auf Purismus. Die Bühne ist am Anfang, bei Ezios Rückkehr aus dem gewonnenen Krieg, durch schwarz-weiße Videoprojektionen von Kriegsflugzeugen markiert. Im weiteren Verlauf schweben weiße, an Möwen erinnernde Gebilde über die Leinwand, die ihre Entsprechung in einer im Raum schwebenden Skulptur finden. Farbe enthält das Spiel durch die opulenten Kostüme der kaiserlichen Familie". Zum Regiekonzept gehören Kostüme, Licht und Video, was die Rhein-Neckar-Zeitung unterstreicht (12.11.13): "Die kunstvoll stilisierten Kostüme (Christian Lacroix), die sparsam eingesetzten Lichtveränderungen (Joachim Klein), die dezenten Videoeinspielungen (Bibi Abel) und die reduzierte Personenführung erklären nicht viel, vermitteln Stimmungen, deuten an und lassen vor allem die Musik zu Wort kommen". Ein Rahmen, der kulturfreak.de überzeugte (16.11.13): "Für die nicht leichte szenische Umsetzung der Geschichte des siegreichen und aufrichtigen Kämpfers Ezio, den eine Intrige beinahe das Leben kostet, fand Regisseur Vincent Boussard schlichte und stimmige Bilder". In diesem Rahmen konnten sich Musik und Text entfalten, wie es die Süddeutsche Zeitung hervorhebt (14.11.13): "Die Geschichte war so packend erzählt, und zwar hauptsächlich durch lange Da Capo-Arien, die üblicherweise auch nicht für Handlungsspannung sorgen, dass man eigentlich nur noch darauf achtete, wie sich die Protagonisten begegneten, wie Schauspielgestus und stimmliche Modulation ineinander übergingen, sich verschränkten zu einer Bühnengestalt". Giornaledellamusica.it fügte hinzu (12.11.13), dass "Vincent Boussard in seiner gefühlvollen und eleganten Regie die richtige Balance zwischen Arien und langen Rezitativen gefunden hat". Es gelang ihm außerdem laut der Gießener Allgemeinen Zeitung (12.11.13) eine präzise Charakterisierung der einzelnen Figuren: "Die Stärke der Regie ist die psychologisch einsichtige, gleichzeitig effektvolle Personenführung". Auch Die Rheinpfalz vertritt diese Auffassung: "Auf die genaue Charakterisierung der Personen und deren Beziehungen untereinander legt der Regisseur besonderen Wert. So entsteht ein apartes Kammerspiel, das ganz auf die Protagonisten fokussiert ist". feuilletonfrankfurt.de bestätigt (13.11.13): "Psychologisch überzeugend: fein, grob, gewalttätig, zwiespältig sind die Figuren geführt und verleihen dem dramaturgischen Spannungsbogen der komplizierten Handlung eine große Wirkung". Es kommt noch echte Spannung dazu, wie Main-Echo berichtet (15.11.13): "Dass man mit dieser unbekannten Opera seria Gänsehaut-Thrill erster Güte erzeugen kann, beweist ein kunstvoll und psychologisch agierender Regisseur Vincent Boussard".
Alles in allem eine erfolgreiche Regiearbeit laut die-deutsche-bühne.de (12.11.13), "die in ihren gelungenen Partien die strenge Größe der klassischen "Tragédie Lyrique" erreichte, und sogar momentweise an die pure Größe der Klassiker-Inszenierungen des Traum-Duos Chéreau-Peduzzi erinnerte". Opernnetz.de begeistert sich (12.11.13) für die inspirierte Wiederentdeckung des Werkes: "Ein Opernabend, der eine wahre Rarität aus der Schatzruhe der opera seria hervorzaubert und so manche sanfte, milde musikalische Geste, betörend schöne Arie in Erinnerung verweilen lässt". Das Schlusswort von Bild Frankfurt (12.11.13): "Wunderschön. Nichts stört. Im Zentrum steht die Musik. Alles andere dient. Christoph Willibald Glucks Ezio in der Oper lässt keine Wünsche offen!".
Und das Publikum? "Spannendes Musiktheater. Am Ende gibt es begeisterten Applaus für alle Beteiligten, in den sich auch das Regie-Team einreiht" (omm.de, 12.11.13).
6. Oktober 2013